Grußwort – Greetings
Helmut Vogel (DGB), Mag. a Helene Jarmer (ÖGLB), Dr. Tatjana Binggeli (SGB-FSS) & Dr. Markku Jokinen (EUD)
Grußwort von Helmut Vogel (DGB)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gehörlose, liebe Gebärdensprachnutzende und hörende Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Herzlich Willkommen hier auf dem vierten Bildungskongress des Deutschen Gehörlosenbundes. Ich begrüße Sie zur Online-Veranstaltung, die Sie während der nächsten zwei Tage erleben können.
Wir möchten Teilnehmenden einen barrierefreien Zugang zu den vielfältigen gebärdensprachlichen Angeboten ermöglichen. Es gibt Vorträge in Deutscher Gebärdensprache, Deutschschweizerischer Gebärdensprache, Österreichischer Gebärdensprache und internationale Gebärden aus dem französischen und italienischen Teil der Schweiz sowie Vorträge in deutscher Lautsprache. Alle Beiträge wurden in Deutsche Lautsprache und in Internationale Gebärden übersetzt, so dass wir uns gegenseitig verstehen und zu einem gemeinsamen Austausch kommen können. Hier möchte ich mich bei den Dolmetschenden für ihre Arbeit bedanken, die den Zugang zu diesem Kongress ermöglichen.
Der erste Bildungskongress wurde 2010 in Saarbrücken auf Initiative von Rudolf Sailer, dem damaligen Präsidenten des Deutschen Gehörlosen-Bundes, ins Leben gerufen. Er sollte Teilnehmenden aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eine Möglichkeit zum Austausch bieten. Der zweite wurde dann 2013 vom Österreichischen Gehörlosenbund in Wien veranstaltet, der dritte fand in Bern statt, organisiert vom Schweizerischen Gehörlosenbund. Nun erleben wir den vierten Bildungskongress hier in Frankfurt, der als hybride Präsenzveranstaltung geplant war und jetzt im reinen Online-Format stattfindet. Uns war und ist es wichtig, die Tradition dieses Kongresses im deutschsprachigen Raum weiter zu führen und damit den gemeinsamen Austausch zu ermöglichen.
Unser Motto lautet „Bimodal-bilinguale Bildung verstehen, erleben und voranbringen“. Wir möchten mit dem vierten Bildungskongress die Möglichkeit schaffen, bimodal-bilinguale Bildung durch verschiedene Vorträge mit unterschiedlichsten Inhalten, die wir in fünf Schwerpunktthemen für Sie geordnet haben, zu verstehen und zu erleben. Entsprechend der Schwerpunkte besteht das Programm aus fünf Blöcken. Jeder Block wird mit einer Diskussionsrunde abgeschlossen, somit ist mit den Wörtern „verstehen“ und „erleben“ gemeint.
Aus unserem Motto für das Voranbringen haben wir die Homepage www.bbbgs.net aufgebaut, die Sie alle bereits genutzt haben, um sich für den Kongress anzumelden und sich zu informieren. Diese Homepage wird auch als neues Portal dienen, um noch mehr Inhalte entsprechend dem Konzept zum Motto bereitzustellen.
Mit dem von uns ausgewählten Motto orientieren wir uns am Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention, in dem die Förderung von bilingualer Bildung und von Gebärdensprache eindeutig als Menschenrecht formuliert ist. Diesem Auftrag sehen sich der Deutsche Gehörlosenbund, der Österreichische Gehörlosenbund und der Schweizerische Gehörlosenbund verpflichtet und konzentrieren uns darauf, wie die Bildungssituation gehörloser Menschen durch Nutzung des ihnen verbrieften Menschenrechts gefördert werden kann. Und das war auch Ideengeber für das vorliegende Programm.
Wir möchten Sie zu Diskussionen anregen, wie die Ziele Gleichberechtigung also auch Chancengleichheit durch bessere Bildungsangebote befördert werden können. Wir sind überzeugt, dass dadurch die individuelle Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und auch bessere Chancen für die Gestaltung des persönlichen Lebens in allen Lebensbereichen erreicht werden kann.
Ich möchte mich im Namen des Deutschen Gehörlosen-Bundes bei unseren Partnern, dem österreichischen Gehörlosenbund und dem Schweizer Gehörlosenbund, für die gute gemeinsame Vorbereitung, den Austausch und die Programmgestaltung bedanken. Bei all unseren Überlegungen waren auch immer der Ausblick in die Zukunft und die Frage der Nachhaltigkeit ein Thema. Des Weiteren gilt mein Dank dem Europäischen Gehörlosen-Verband (EUD) für die finanzielle Unterstützung, die es ermöglicht hat, diesen Kongress zu organisieren.
Natürlich möchte ich mich auch jetzt schon bei Ihnen, den Teilnehmenden dieses Kongresses bedanken für den Austausch, das Zuhören und Zuschauen. Ihre Teilnahme fördert unsere allen Verbandsarbeiten und dient zum Wohle der Gehörlosen und der Gebärdensprachen. Nicht zuletzt gilt mein Dank dem höchst engagierten Projektteam, das diesen Kongress über anderthalb Jahre für den Deutschen Gehörlosen-Bund begleitet und vorbereitet hat.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß, einen interessanten Austausch und spannenden Verlauf des Kongresses. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Helmut Vogel, Präsident des Deutschen Gehörlosen-Bundes e. V.
Grußwort von Mag. a Helene Jarmer (ÖGLB)
Liebe Freunde, Mitstreiter*innen, sehr geehrte Damen und Herren!
Freue mich sehr, dass der vierte Bildungskongress im deutschsprachigen Raum heuer von Deutschland veranstaltet wird! In Deutschland hat die Entwicklung bilingual-bimodaler Bildungskonzepte und -methoden ihren Anfang genommen, und hier erfährt die bimodale Bildung auch besondere Beachtung. So ist es keine Überraschung, sondern ganz logisch, dass der pädagogische Kongress um die Bodenseeländertagung erweitert wird, die sich speziell an Pädagog*innen in der Gehörlosen- und Schwerhörigenbildung richtet.
In Österreich müssen wir an allen Fronten für die Etablierung adäquater Bildungsangebote für gehörlose, schwerhörige und taubblinde Personen kämpfen. Denn obwohl die ÖGS seit 15 Jahren in der Verfassung anerkannt ist, hat sich das Bildungssystem kaum verändert. So gibt es noch immer keinen Lehrplan für die Österreichische Gebärdensprache an den Schulen! Das Bildungsministerium hat seine Ausarbeitung beauftragt, hörende und gehörlose Expert*innen haben für alle Schulstufen einen Lehrplan entwickelt – und nun liegt er seit längerem Jahren in den Schubladen des Ministeriums.
Dass unsere Forderungen so leicht ignoriert werden können, hängt auch damit zusammen, dass die Gehörlosen-Community in Österreich nicht als autochthone Sprachminderheit anerkannt ist. Das ist das andere „dicke Brett“, das wir in unserer politischen Arbeit bohren… und es wird noch länger dauern, bis wir einen Erfolg feiern können.
Sehr bald schon wird der Nationale Aktionsplan Behinderung 2022 – 2030 fertiggestellt. Der ÖGLB war in vielen interdisziplinären Arbeitsgruppen vertreten. Besonders intensiv haben wir uns bei der Formulierung von nationalen Zielsetzungen in den Bereichen Bildung und Erwerbstätigkeit eingebracht, denn hier finden wir immer noch eine systemimmanente Diskriminierung vor. Die Herstellung von Chancengleichheit verlangt sehr spezifische Maßnahmen, die wir für gehörlose Menschen einfordern.
Die Themen, die uns beschäftigen, finden Sie in den Beiträgen aus Österreich wieder:
– Die Kolleginnen aus Tirol präsentieren ein innovatives Projekt zur mobilen Frühförderung in ÖGS.
– Wir besprechen die Vertiefung von Kompetenzen bei Gehörlosenpädagog*innen aus Wien, Niederösterreich und Salzburg in Kooperation
– Oberösterreich präsentiert Möglichkeiten der Inklusion mehrfachbehinderter gehörloser Menschen und ein innovatives Bildungskonzept Sprachassistenz
– und zu guter Letzt stellen wir euch unser neues Nachrichtenportal Gebärdenwelt vor.
2013 hat Österreich den Kongress mit dem 100-jährigen Jubiläum des ÖGLB verbunden. Mal sehen, was wir feiern können, wenn der nächste Bildungskongress vom ÖGLB organisiert wird 🙂
Viel Spaß 🙂
Helene Jarmer
Grußwort von Dr. Tatjana Binggeli (SGB-FSS)
Liebe Kongressteilnehmende
Liebe Präsidiumskolleg*innen
Es macht mich stolz, dass wir drei Länder und drei Gehörlosenverbände seit 2010 in Saarbrücken, Wien und Bern drei Bildungskongresse erfolgreich durchgeführt haben. Seit elf Jahren setzen wir uns dafür ein, dass Bildung immer in Verbindung mit der Gebärdensprache und Kultur Gehörloser geschehen muss. Dieser Austausch in Form von Bildungskongressen bestärkt uns in unseren Zielen und sendet eine starke Botschaft an die Fachwelt. Unsere Forderungen werden wahrgenommen, das bestätigen die vielen bilingual – bimodalen Projekte in allen drei Ländern.
Die Wissenschaft der Bildung bestätigt, wenn gehörlose Menschen – von Kind bis Alter in beiden Sprachen stark sind, Gebärdensprache und gesprochene/geschriebene Sprache, dann kann sich eine Persönlichkeit mit all ihren Stärken entfalten und es öffnen sich viele Türen. Ein Lebenslauf ohne Barrieren und Diskriminierung wird möglich. So erfahren wir Gehörlose Wertschätzung und Gleichberechtigung. Bilinguale – bimodale Bildung ist elementar für ein Positivbild von sich selbst – das ist sehr gesund.
Leider sind wir noch lange nicht am Ziel – darum braucht es uns und solche Kongresse. Wir müssen das Sprachrohr für die Fachwelt, für die Politik und für die Community sein.
Der Schweizerische Gehörlosenbund hatte 2016 seinen letzten Bildungskongress in Bern durchgeführt. Wir haben eine starke Resilienz durch Gebärdensprache ins Zentrum gestellt.
Gehörlose Menschen sind glücklich, wenn sie ihr Leben eigenständig und selbstbewusst managen können. Dieser Kongress wurde von über 450 Teilnehmenden besucht.
Es ist sehr schade, dass wir den jetzigen Kongress online durchführen müssen. Ich gratuliere dem Deutschen Gehörlosenbund zu seiner grossen Flexibilität und seinem Willen, diesen Kongress in dieser Form zu organisieren. Ich danke dem ganzen Team für die Organisation, allen Referent*innen für die wertvollen Beiträge und wünsche allen Zuschauer*innen zwei erfolgreiche Tage.
Bildung mit Gebärdensprache – das ist die Zukunft!!
Dr. Tatjana Binggeli, SGB-FSS
Grußwort von Dr. Markku Jokinen (EUD)
Liebe Freunde!
Ich begrüße Sie zum vierten Bildungskongress. Es freut mich, Ihnen heute einen kleinen Gruß der EUD vermitteln zu können. Außerdem möchte ich erwähnen, dass der vierte Bildungskongress durch die EUD finanziell unterstützt wird. Lassen Sie mich hier noch einige aktuelle Themen mit Ihnen teilen.
Erstens, die International Disability Alliance (IDA) hat zum Thema inklusive Bildung unter anderem folgende ganz wichtige Feststellung bekannt gegeben: Bilingual-bimodaler Unterricht für gehörlose Schüler und Schülerinnen, und für Schüler und Schülerinnen, die mit Gehörlosen gemeinsam Gebärdensprache lernen möchten, ist ganz klar als ein Teil des inklusiven Bildungssystems zu verstehen. Das ist ganz wichtig für ein gemeinsames Verständnis innerhalb der Behindertenbewegung: Zu sehen, dass die bilingual-bimodale Bildung keine Sonderstellung außerhalb des inklusiven Systems einnimmt, sondern Teil dessen ist. Dadurch ist praktisch auch Bildung in Gebärdensprache im Allgemeinen als Teil des inklusiven Bildungssystems zu sehen.
Der zweite Punkt betrifft die Bildungssituation während der mittlerweile schon ziemlich lang andauernden Corona-Pandemie. Wie Sie wissen, sind viele Schüler und Schülerinnen in den Distanzunterricht gewechselt, aber nicht für alle gehörlose Schüler und Schülerinnen ist das reibungslos verlaufen. Einige haben aufgrund von technischen Problemen oder wegen fehlender Unterstützung den Anschluss verloren, aber gleichzeitig hat die Krise auch neue Innovationen hervorgebracht. Das Distanzlernen, die technologische Weiterentwicklung wie der Unterricht als Online-Konferenz und Austausch von Materialien über Online-Plattformen haben gezeigt, dass hier ein enormes Entwicklungspotenzial besteht. Ich hoffe, dass Sie während des Kongresses auch diese Themen ansprechen werden. Außerdem leben gehörlose Kinder immer weiter verstreut und in größeren Entfernungen voneinander. Hier bieten die neuen Innovationen rund um den Distanzunterricht die Möglichkeit, diese Schüler und Schülerinnen doch wieder gemeinsam zu beschulen und ihnen ein gebärdensprachliches Lernumfeld anzubieten.
Aus dem Programm des Bildungskongresses konnte ich mehrere spannende Themen erkennen. Eines scheint mir doch erwähnenswert: Die Möglichkeiten für Familien, Gebärdensprache zu erlernen und damit die Sprachentwicklung gehörloser Kinder zu fördern, die Gebärdensprache ja schon zuhause erlernen müssen, um sich dann in der Schule entsprechend entwickeln zu können. Das ist wichtig!
Genauso freut es mich zu sehen, dass die Frage nach der Entwicklung von Lehr- und Lernmaterialien für den bilingualen Unterricht, aber auch dem Distanzunterricht auf der Agenda stehen. Ebenso wie die professionelle Ausbildung von Lehrkräften für Gebärdensprache. Letzteres ist ein Thema, das wir in ganz Europa voranbringen müssen.
Nicht zuletzt die Frage nach der sprachlich-kulturellen Identität. Wie können wir gehörlose Kinder und hörende Kinder gehörloser Eltern (Coda) fördern, dass sie sich selbstbewusst und dennoch ausgeglichen entwickeln können?
Ich hoffe, Sie genießen den gemeinsamen Austausch von Erfahrungen und das Voneinander Lernen, und es bringt Sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz voran. Ich wünsche allen Teilnehmenden des Kongresses einen guten und erfolgreichen Verlauf!
Dr. Markku Jokinen, EUD-Präsident