Frühförderung/Elternarbeit – Early intervention/Parental work
Emanuel Lubart – Monika Mück-Egg – Magdalena Stenzel
Emanuel Lubart: „Plattform Read to Deaf Kids“ (CH)
Lese- und Schreibfähigkeiten sind wichtig für den Erfolg in der heutigen Gesellschaft. Die Nutzung des Internets, die Kommunikation per E-Mail, das Lesen von Handbüchern für Kameras oder das Verstehen von Anleitungen zur Medikamenteneinnahme sind alltägliche Beispiele für diese Fähigkeiten. Für viele Menschen beginnt das Lesen in der frühen Kindheit und sie werden schließlich durch schulische und soziale Erfahrungen geübt. Kinder, die das Lesen und Schreiben nicht beherrschen, sind in einer Lernumgebung oder im Klassenzimmer eher störend. Außerdem sind sie dem Risiko ausgesetzt, in der Schule zu scheitern, was zu lebenslangen Schwierigkeiten mit der persönlichen Autonomie und der Beschäftigung führt.
Es ist gut dokumentiert, dass gehörlose Kinder, die eine Gebärdensprache als erste Sprache verwenden, in ihren Lesefähigkeiten im Vergleich zu hörenden Kindern zurückliegen. Heutzutage gibt es webbasierte Bildungsplattformen, die Kindern das Lesen beibringen; viele sind jedoch nicht für gehörlose Kinder gedacht, da sie ihnen keine Informationen in bilingualen visuellen Formaten wie der Gebärdensprache zur Verfügung stellen. Der Schweizerische Gehörlosenbund (SBG-FSS) hat eine Online-Plattform für Gebärdensprache entwickelt, um die Lese- und Schreibfähigkeiten von gehörlosen Kindern in der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Schweiz zu fördern.
Monika Mück-Egg: „Gebärdensprachförderung in der Familie“ (AT)
Mit Unterstützung des Landes Tirol startete der Gehörlosenverband Tirol im Juli 2020 das neue Pilotprojekt „Gebärdensprachförderung für hörgeschädigte Kinder und Jugendliche“. Kindern und Jugendlichen mit einer fachärztlich bestätigten Hörminderung, deren Eltern (oder andere Bezugspersonen) sowie deren Geschwister soll die Möglichkeit einer bimodalen Sprachentwicklung eröffnet werden.
In meinem Vortag möchte ich dieses neue Projekt der mobilen Gebärdensprachförderung des Gehörlosenverbandes Tirol vorstellen und auf die genauen konzeptuellen Details dazu eingehen. Sowohl pädagogische, wie auch finanzielle und organisatorische Aspekte werden hier präsentiert.
Magdalena Stenzel: „Elterninitiative Sachsen – Petition für bimodal-bilinguale Bildung“ (D)
Magdalena Stenzel aus Dresden, Sachsen in Deutschland ist Sozialpädagogin und Mutter eines tauben Kindes. Seit einigen Jahren macht sie auf den Bedarf und Mangel an Gebärdensprache in Familien mit gehörlosen Kindern und in den Bildungseinrichtungen in Deutschland aufmerksam. Besondere Aufmerksamkeit erregte die 2018 gestartete Online-Petition „Gebärdensprache umsetzen!“. Den meisten gehörlosen Kindern in Deutschland wird keine Gebärdensprache angeboten. Davon wusste bis dahin die mehrheitlich hörende Bevölkerung noch nichts. Aber erst wenn die Öffentlichkeit sich hinter die Eltern gehörloser Kinder stellt, können sich Einzelfälle und Strukturen zum Besseren wenden. Magdalena Stenzel erläutert ihren persönlichen Zugang zum Thema. Darüber hinaus zeigt sie, wie vernetztes Handeln von hörenden und gehörlosen Menschen, als Eltern, Fachkräfte, Akteure in Medien und Politik, sowie die Zusammenarbeit mit Anwälten zu Verbesserungen der Bildungssituation gehörloser Kinder führen kann.